as Lavendelsträußchen

Ah es tut gut, wieder unter der Ulme zu sitzen. Wolf und ich sind sehr glücklich über das Heu und die Decken, die uns die Dörfler gebracht haben. Das macht mein Lager um so vieles weicher als die Pritsche im Kloster. Und es riecht besser! Aber weshalb denke ich jetzt gerade an das Kloster?
Lavendel! Das Sträußchen Lavendel auf der Decke! Das ist es! Der Geruch erinnert mich an die blauen Felder meiner Heimat. An meine Jugend, in der ich noch einen Namen hatte. Wenn ich etwas in meinem Leben ändern könnte, dann diesen schrecklichen Irrtum, der mein übermütiges Leben in Freiheit buchstäblich „mit einem Schlag“ zunichte machte und mich hinter Klostermauern einschloss.
Aber was soll dieses hätte, wenn und aber? Ich habe doch wieder ein Leben in Freiheit. Mehr Freiheit, als dass der älteste Sohn und Erbe hätten erfahren können. Ich habe die Freiheit, in allen Jahreszeiten einfach mit der Sonne zu ziehen. Ich habe die Freiheit, jeden Landstrich zu erkunden. Ich habe die Freiheit, keine Angst um meinen Besitz haben zu müssen, ich bin befreit von der Furcht um dieses oder jenes. Was kann mir noch Schlimmeres passieren, als das, was ich nicht schon erlebt habe? Und ich lebe, und ich habe überlebt. Und ich bin frei. Was also, was ist das Schlimmste, das mir geschehen kann? Wolf zu verlieren, dass wäre schlimm.
Und was geschieht, wenn ich Wolf verliere? Irgendwann wird mein Wolf ein alter Wolf sein, und er geht seinen Weg über die Brücke zum Regenbogen. Ich werde ihn vermissen, ja das ist gewiss. Aber er würde weiterleben, in meiner Erinnerung. In meiner Erinnerung würde er mit mir weiterziehen und mit mir reden. Also, was ist wirklich das Schlimmste, was mir geschehen kann?
Hmmm, dass ich vor Wolf sterbe und ihn allein zurücklasse? Aber wenn ich sterbe, dann bin ich zurück im Eins, dann weiß ich alles, verstehe alles, dann bin ich in vollkommener Liebe, dann bin ich Liebe. Dann bin ich eins mit dem allmächtigen Eins. Das Schlimmste, was mir also geschehen kann, ist, dass ich  allmächtig bin! Häääh?
„Hohohohooooo. Verzeih, Wolf, ich habe dich aus deinem Schlaf gerissen. Ich musste über meine Gedanken lachen. Wolf, treue Seele, du willst für mich sowieso nur das Beste. Und wenn ich die allmächtige Liebe bin und du noch auf der Erde verweilen magst, dann halte ich schützend meine Hände über dich.“
So, jetzt ist Schluss mit diesen Gedanken.
„Wolf komm, wir gehen. Ich bekomme heute vom Barbier die Haare geschnitten und den Bart gestutzt. Dann bin ich wieder fast so schön wie als Jüngling, dessen Lachen keine Maid widerstehen konnte.“

Die Geschichte vom Franzmann