ie ich die Liebe fand

Rückt näher ans Feuer, die Abende werden schon kühl. Diese Geschichte handelt in einer Zeit, als mich Wolf noch nicht gefunden hatte. Mit Wolf wäre mir das damals nicht geschehen. Aber es ist richtig, wie es ist. Wer weiß, ob ich sonst jemals die Liebe gefunden hätte. Doch es war ein schlechter Anfang, der mich um ein Haar mein Leben gekostet hätte.

Irrwege

Tagelang war ich damals durch die Sümpfe geirrt, im Kreis gegangen, mühsam stochernd nach festem Grund, bis ich in der Ferne das Bellen eines Hundes hörte. Wo Hunde sind, sind Menschen. Und so kam ich in dieses unselige Dorf.
„Wir haben nichts! Scher dich weg. Siehst du nicht, dass wir selbst zu den Ärmsten gehören?“
„Herr, ich möchte nur einen Schluck Wasser. Dann ziehe ich sofort weiter.“
„Dies ist für uns alle besser. Auch für dich. Hier, nimm den Becher. Aber dann geh!“
Der Totengräber beugte sich von seinem Wagen zu mir herunter, gab mir einen Becher. Ich trank in durstigen Zügen. Im Dorf roch es nach verwesenden Körpern. Dicke Fliegen umschwärmten mich, wohin ich mich auch drehte, saßen mir im Gesicht, auf den Armen, an meiner Kleidung.
„Wo finde ich feste Wege, Herr? Ich möchte mich nicht noch einmal im Sumpf verirren!“
„Siehst du die drei Bäume da hinten? Sie markieren den Weg. Nimm den des mittleren Baumes. Halte dich in Richtung der aufgehenden Sonne. Merk es dir. Immer dort lang, wo morgens die Sonne aufgeht.“
Er hob leicht die Zügel, seine Mähre setzte sich mit der Last in Bewegung, die Fliegen zogen mit.
„Die Sümpfe! Diese vermaledeiten Sümpfe“ murmelte er noch vor sich hin, mir keine Beachtung mehr schenkend.

Wo morgens die Sonne aufgeht—ich machte mich auf den Weg zu den Bäumen, legte mich unter den mittleren und fiel in einen traumlosen Schlaf, immer auf der Hut, den Sonnenaufgang nicht zu versäumen. Ein einzelner Hahn half mir dabei. „Steh auf, Bettler, es ist so weit!“
Der Weg war tatsächlich fest. Ich fand ein paar Beeren gegen Hunger und Durst, für die Nüsse war es noch zu früh. Dörrfleisch hatte ich schon lange keines mehr. Immer wieder überprüfte ich am Stand der Sonne, ob ich mich noch auf dem richtigen Weg befand. Als sie schließlich unterging, schaute ich mich nach einem Nachtlager um und fand Schutz unter einem Busch, aus dem ich durch meine Ankunft einen Igel vertrieb. Ein paar Vögel flatterten auf, die sich bereits für die Nacht niedergelassen hatten.
Der folgende Tag glich dem vergangenen, nur dass die Wege jetzt steiniger wurden. Es ging aufwärts, hinauf, weg aus der Ebene. Hie und da ein Felsbrocken, auf dem sich eine Eidechse in der Sonne wärmte. Ich widerstand meinem Drang, sie zu berühren.
Am dritten Tag fühlte ich mich kalt, trotz der lau scheinenden Sonne. Es war wohl Hunger. Ich hatte seit dem Becher Wasser nichts mehr getrunken, seit den Beeren nichts Festes mehr gegessen. Und davor war es auch nicht all zu üppig. Mein Bauch grollte mir vorwurfsvoll, meine Gedärme beschwerten sich ständig.
„Seid still! Ihr wisst, was es heißt zu fasten. Wir finden sicherlich bald das nächste Dorf! Dort gibt es dann Speis und Trank!“
Ich war erschöpft, wollte mich nur noch ausruhen. Mir lief es kalt den Rücken hinauf und herab bis zu den Füßen. Dann wieder stand mir der Schweiß auf der Stirn.
„Noch ein paar Schritte, dann ruhe ich mich aus, ja, unter dem Baum da hinten.“
Ich verspürte eine große Übelkeit, Schwindel hatte mich erfasst. Mit Erleichterung sank ich am Baumstamm in mich zusammen.
„Schlafen, nur noch schlafen!“
Die Erinnerung ist so stark, meine Freunde, dass ich gerade den selben Drang nach Schlaf verspüre. Ich erzähle euch morgen Abend weiter.“
„Hee Alter, das kannst du doch nicht machen?“
„Weshalb denn nicht, mein Freund?“
„Weil ich wissen möchte, wie deine Geschichte ausgeht!“
„Das weißt du doch, ich stehe vor dir. Ich habe überlebt! Komm Wolf, mir ist kalt. Lass uns unter die Decken kriechen!“

Die Wahl des Spiels