Das Spiel

Viele Namen habe ich getragen, in vielen Leben mich bewegt.
Viele Ahnen mit mir herumgetragen und viele wieder abgelegt.
Die Todessehnsucht plagte mich, lag meine Welt im Argen.
In Reichtums Fülle lebte ich in steter Angst vor'm Sterben.

Ich lebte arm. Ich lebte reich. Ich liebte und ich haßte.
War Opfer, Herrscher, Held und Täter, war Dieb und auch Verräter.
In vielen Rollen übt' ich mich, bekam den Blick des Falken.
Wenn ich den Splitter bei dir seh, erkenn ich meinen Balken.  

Zum Abschiednehmen bin ich hier von diesen süßen Träumen.
Will keinen einzgen Augenblick der Zeit mit uns versäumen.
Ich koste die Gefühle aus, am liebsten in Extremen.
Nehm etwas süße Zweisamkeit, gefolgt von Schmerz und Tränen.
Mein Taschentuch mit Stolz getränkt, laß ich zurück als mein Geschenk.

Die Wahl der abgeklärten Weisheit, gewürzt mit Kampf und Seligkeit,
 war eine Mischung, die mir schmeckte, doch nur für kurze Zeit.
Denn bald erkannte ich den Krieg, den ich im Spiel entfachte.
Verbrannte Zunge, Gaumen, Hände, beinahe auch mein Herz.

Nach einem Löffel Wundbalsam aus meinem Topf der Liebe,
Vergaß ich Krieg, die Hässlichkeit, vergaß die vielen Hiebe.
Ich weiß so klar wie nie zuvor ich bin an einer Wende.
Ein linearer Weg wird Kreis, kein Anfang und kein Ende.

In meinem Leben als ein Kreis
stell ich mich zur Verfügung.
Als Splitter dir den Balken reich.
Zum Spaß nur—und zur Übung.

(c) Rosemarie Wiedmann - 15.1.2002